Franz im Interview: "Hertha BSC ist für mich der Top-Favorit"

Am Freitag (20:30 Uhr) startet die Zweitliga-Saison 2024/25. Als TV-Experte wird Maik Franz die Partien der 2. Bundesliga wieder für "Sport1" begleiten. Im Interview mit liga2-online.de sprach der ehemalige Profifußballer über seine Erwartungen an die Spielzeit, seine Herangehensweise als Experte und die Vorfreude, die der Fußball auch zehn Jahre nach seinem Karriereende immer noch mitbringt.

"Man kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus"

liga2-online.de: Guten Tag, Herr Franz. Seit über 25 Jahren sind Sie als Spieler, Sportlicher Leiter und Experte im Profifußball unterwegs. Man kann behaupten, dass Interviews zu Ihrem Leben gehören. Erinnern Sie sich noch an das erste Interview?

Maik Franz: Tatsächlich ja, das war beim Spiel zwischen dem 1. FC Magdeburg und dem VfB Leipzig, das ich mit dem FCM gewonnen habe - und ich hatte ein Solo von Sechzehner zu Sechzehner gemacht. Den Ball habe ich dann auch eingenetzt, aber was das Erste war, das ich gesagt habe, weiß ich nicht mehr. Bestimmt etwas Gutes, obwohl ich sehr aufgeregt mit knallrotem Kopf da stand. Es war ein Riesenerlebnis, sich danach zum ersten Mal im Fernsehen zu sehen.

Jetzt sind Sie als "Sport1"-Experte durchaus öfter auf dem TV-Bildschirm zu sehen, so auch am Samstag beim Top-Spiel zwischen Schalke und Braunschweig, das Sport1 live ab 19:30 Uhr überträgt. Tags zuvor eröffnen Köln und Hamburg die Saison. Treffen da schon die beiden Top-Favoriten aufeinander?

Jein, aber sie gehören natürlich dazu. Ich glaube, dass beide Mannschaften oben mitspielen werden und Köln sogar vor dem HSV landen wird. Beide Klubs haben große Namen, eine lange Tradition, es sind einfach tolle Vereine, und da steckt Leidenschaft pur drin. Man kommt aus dem Schwärmen nicht mehr heraus. Das ist erste Liga, aber zur Wahrheit gehört auch, dass zum Beispiel der HSV in seine siebte Zweitliga-Saison geht. Sie müssen irgendwann rauf, sonst wird es allmählich erschreckend, wenn man die starke Basis in Hamburg sieht. Dieser Verein hat einfach alles. Aber für uns bei "Sport1" ist es natürlich nicht schlecht, den HSV noch dabei zu haben.

Hertha, Schalke, Düsseldorf, Hannover. Die Liste der offensichtlichen Kandidaten für den Aufstiegskampf ist dieses Mal lang. Oder passiert etwas, was noch keiner auf dem Zettel hat?

Das kann immer passieren, dass noch jemand um die Ecke kommt. Wobei ich dieses Jahr eher nicht daran glaube. Es gibt sieben, acht Mannschaften, die einen richtig guten Kader haben. Darmstadt kann man noch dazu nehmen, aber für mich ist Hertha BSC tatsächlich der Top-Favorit. Sie sind im zweiten Jahr und haben dazu gelernt, außerdem bringen sie zum Beispiel in der Defensive eine Mischung aus erfahrenen und hungrigen Spielern mit. Fabian Reese ist der Unterschiedsspieler im Mittelfeld, Ibrahim Maza ein absolutes Top-Talent der Liga. Die Breite im Sturm, die Tore garantiert, hat kein anderer Verein. Und die Fanbase hat auch total Lust und steht absolut dahinter.

 

"Der KSC ist mein Lieblingsverein"

Mit Christian Eichner und Sebastian Freis, die beim Karlsruher SC das Kommando haben, haben Sie jeweils über 70 Pflichtspiele absolviert. Da drückt man sich schon die Daumen, oder?

Der KSC ist mein Lieblingsverein, das habe ich schon immer gesagt. Aber ich habe auch noch Sympathien für Schalke aus Kindheitstagen. Und die Sache mit "Eiche" und "Basti" ist klar, da habe ich mit beiden noch Kontakt. Mit "Eiche" sogar etwas mehr, immerhin waren wir früher Zimmerkollegen. Aber wir waren grundsätzlich sehr gegensätzlich. Ich war der Durchgeknallte, er der seriöse Part. Dass er nun Trainer ist, passt wie die Faust aufs Auge. Aber der KSC muss aufpassen. Er ist ein Top-Trainer, den ich langfristig in der Bundesliga sehe, aber Karlsruhe hat viel Qualität und Erfahrung verloren. Das musst du erst einmal ersetzen - und beim KSC muss "Eiche" immer wieder aus wenig viel machen. Das kann gefährlich sein.

Wenn wir schon bei Trainern sind: Die Verpflichtung von Miroslav Klose als Cheftrainer des 1. FC Nürnberg war vom Gefühl der diesjährige Top-Transfer des Sommers. Alle sprachen darüber. Wie schätzt ein Experte diese Personalie ein?

Erst einmal ist er ein normaler Trainer, der jetzt ein, zwei Stationen hatte. Ich glaube, dass er sich die Sporen verdienen kann und vielleicht auch muss. Dafür ist Nürnberg ein cooler Verein, weil der Club gewisse Ansprüche hat und etwas aufbauen möchte. Miroslav Klose ist sicherlich noch kein Trainerexperte, aber als Spieler war er natürlich Weltklasse. Ob er ein guter Trainer wird, wird sich zeigen. Vergleichbar ist das nicht, deswegen bin ich sehr gespannt, auf sein Auftreten und Coaching. Ich freue mich wirklich darauf, zu sehen, wie ein Weltklasse-Spieler als Trainer handelt und agiert.

"Kann erzählen, wie sich ein Spieler fühlt"

Im Fußball passiert ständig etwas Unerwartetes. Mit Ulm und Münster haben beispielsweise zwei Teams den Durchmarsch in die 2. Bundesliga geschafft, die vor zwei Jahren noch in der Regionalliga angetreten sind. Wie bereitet man sich als Experte auf solche individuellen Geschichten vor?

Erst einmal denke ich, dass jeder irgendwas über Fußball sagen kann. Die Frage ist immer, wie sinnvoll das inhaltlich ist, und ob es einen Mehrwert für andere Personen hat. Jeder im Fußballbusiness könnte sich an den Spielfeldrand stellen und etwas über ein Spiel erzählen. Aber auch die Art und Weise ist dann entscheidend. Ist es authentisch? Der Zuschauer, oder auch die Leser, müssen sich identifizieren können. Die wichtigste Frage für mich war immer, ob man sich als Experte traut, alles auszusprechen. Viele Ehemalige wollen zurück ins Business, lamentieren aber und eiern um Sachen eher herum. Das muss und möchte ich nicht machen. Ich kann meine Meinung, die ich immer respektvoll vertreten werde, offen heraussagen, weil ich nicht wieder in eine Sportliche Leitung oder so möchte. Ich freue mich, in dieser Position als Experte zu sein. Da werden aber auch Meinungen auseinander gehen. Ich weiß nicht, ob es sinnvoll ist, zum vierten Mal die Viererkette zu beschreiben oder die abkippenden Flügel, die falsche Neun und so etwas. Ich kann erzählen, wie sich ein Spieler fühlt, weil ich das fühlen kann.

Kein Wunder also, dass "Sport1"-Kollege Oliver Forster bei uns schon einmal von Ihnen als "das größte Talent im Spektrum der TV-Experten" gesprochen hat?

(lacht): Olli ist eine absolute Rakete, deswegen habe ich auch immer sehr viel Spaß, wenn wir zusammen kommentieren. Von jemandem, der so lange im Business ist, ist das natürlich schön zu hören. Es ehrt mich auch, denn er hat viele Leute kommen und gehen sehen. Aber es gibt so viele tolle Expertinnen und Experten, wie man bei der Europameisterschaft wieder gesehen hat. Mir macht es vor allem einfach Spaß.

Mit Moderatoren und Kommentatoren von "Sport1" haben wir schon einmal darüber gesprochen, aber wie ist denn der Ablauf und die Vorbereitung eines Arbeitsalltags bei einem Experten? Hingehen, reden, weggehen?

Ich muss genauso vor dem Spiel da sein, wie die Kollegen. Meist etwa drei Stunden vorher. Dann geht es in die Maske und wir sprechen auch die Abläufe durch. Einige Tage vorher bekomme ich schon eine Informationsmappe zugeschickt, aus de ich mir Dinge herauspicken kann. Ich habe zum Beispiel die 3. Liga nicht so umfassend verfolgt, weshalb Informationen über Aufsteiger immer sehr hilfreich sind. Du bekommst um die 80 Seiten als Hilfestellung - und ich lese mir das gerne durch und bin dann auch in unterschiedlichen Portalen unterwegs. Auf das Spiel selbst kannst du dich dann aber kaum vorbereiten, da musst du einfach wach sein, wenn es soweit ist. Und das ist natürlich manchmal auch anstrengend, wenn du über so viele Stunden fokussiert bist.

 

"Fehler haben eine komplett andere Auswirkung"

Ihr letztes Pflichtspiel liegt jetzt schon über zehn Jahre zurück. Was ist der größte Unterschied zwischen dem Spieler-Dasein und dem Expertentum vor so einer Partie?

Man kann ins Stadion gehen und es ist egal, wer gewinnt. Ich kann neutral sein. Schalke gegen Braunschweig ist ausverkauft, das ist ein Hammer-Spiel. Als Spieler bist du immer angespannt, weil du gewinnen willst und musst. Als Experte ist es kein Druck in dem Sinne, sondern einfach pure Vorfreude. Ich bin gespannt, zu sehen, wie die anderen mit der Drucksituation auf dem Rasen umgehen, sie annehmen und sie bewältigen. Einen schönen Beitrag liefern, analysieren oder schreiben ist etwas ganz anderes als der Auf- und Abstiegskampf. Als Spieler musst du liefern, als TV-Mensch natürlich auch. Aber Fehler haben eine komplett andere Auswirkung.

Abschließend: Was macht Maik Franz eigentlich, wenn es mal nicht um Fußball geht? Ist der "rustikale Abwehrspieler" von damals ruhiger geworden? Hat er vielleicht eine Briefmarkensammlung oder eine Modelleisenbahn angelegt?

(lacht) Nein, nein. Ich habe zwei Jungs zu Hause, die sieben und neun Jahre alt sind. Da ist nicht viel mit Ruhe, aber es macht natürlich extrem viel Spaß. Und ich habe meinen Job. Zusammen mit meinem Partner "11tTeamsports" in vier Ländern Fußballcamps, Events, Turniere und Trainerfortbildungen um. Seit dem Karriereende bin ich eigentlich permanent auf Fußballplätzen unterwegs, und wenn ich das mal nicht wegen des Jobs bin, dann mache ich es mit meinen Jungs. Der Fußball ist mein Leben und bestimmt dieses weiter. Das wird sich auch nicht mehr groß ändern.

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