Auf der Suche: Stuttgart hat sich noch nicht richtig gefunden
So ein bisschen sind sie immer noch dabei die Scherben zusammen zu kehren. Erst langsam werden die Konturen der Realität mit Namen „Zweite Liga“ beim VfB Stuttgart deutlicher. Zwar hält das Umfeld ungebrochen zum Klub – die Mitgliederzahlen haben neue Höchstwerte erreicht – eine richtige Trotzeuphorie ist aber nicht zu sehen. Stand jetzt ist der Absteiger wohl keineswegs ein sicherer Wiederaufstiegskandidat, (Krisen)Manager Jan Schindelmeiser hat alle Hände voll zu tun. Hauptgrund: die Personalplanung entwickelt sich zur Hängepartie – eine Woche vor dem Start der neuen Punktspielrunde warten die Fans quasi stündlich auf die Bekanntgabe neuer Vertragsabschlüsse. Trainer Jos Luhukay merkte vor einigen Woche nicht umsonst an, dass der Job im Schwabenland sein bislang schwerster werden könnte – eine Aussage des viel herum gekommenen Niederländers, die alle Alarmanlagen schrillen lassen muss.
Führungsrolle für Baumgartl
Doch wie ist der VfB tatsächlich aufgestellt? Im Tor dürfte es keine Überraschungen mehr geben. Mitch Langerak, der vor einem Jahr aus Dortmund kam, ist die Nummer 1. Neuzugang Jens Grahl, ebenfalls ein guter Keeper mit Erstliga-Erfahrung, kann jederzeit einspringen. Ein großes Sorgenkind war in den letzten Jahren immer die Defensive. Hier scheint zumindest ein gesunder Konkurrenzkampf entstanden sein und alle Positionen sind doppelt besetzt. Auf links duellieren sich Emiliano Insua und Philip Heise auf hohem Niveau. Der Argentinier, der im Sommer gern zu seinem Ex-Klub Sporting Lissabon zurückgegangen wäre, dürfte einen leichten Vorsprung haben, nachdem er sich nun deutlich zu den Rot-Weißen bekannt hat. Auf rechts sieht die Situation ähnlich aus. Neuzugang Jean Zimmer, der aus Kaiserslautern geholt wurde, und EM-Teilnehmer Florian Klein liefern sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Da er die zweite Liga bestens kennt und nicht ganz billig war, ist Zimmer wohl der Favorit auf den Startplatz zum Auftakt. Im Zentrum hat sich die sportliche Leitung bereits auf die Stammbesetzung festgelegt. Eigengewächs Timo Baumgartl, um den RB Leipzig vergebens buhlte, ist gesetzt und soll eine Führungsrolle einnehmen. Ihm zur Seite steht der aus Polen geholte Marcin Kaminski. Lediglich die Rolle als Backup bleibt damit zunächst für den Bosnier Toni Sunjic und Stephen Sama, der aus der Zweiten hochgezogen wurde. Die Verpflichtung eines weiteren Innenverteidigers scheint denkbar.
Hoffnungsträger Terrode
Ebenfalls etwas tun muss man noch auf der Sechs. Für die defensive Mittelfeldposition kam zwar Hajime Hosogai aus Berlin, er ist hier jedoch noch recht allein auf weiter Flur. Die anderen zentralen Akteure mit Stammplatzchancen verortet der Coach weiter vorn. Dies gilt sowohl für Christian Gentner als auch für den Schweizer Neueinkauf Anto Grgic. Sehr knapp ist die Personaldecke auch auf der Außenbahn. Zwar wird Kevin Großkreutz wieder offensiver eingeplant und könnte mit Alexandru Maxim auf der anderen Seite ein gutes Gespann bilden – dahinter ist neben dem leistungsschwankenden Tschechen Jan Kliment aber ein großes Vakuum. Auch hier gilt: an externen Lösungen muss noch gearbeitet werden. Als Mittelstürmer ist Simon Terrode der Hoffnungsträger. Der Torschützenkönig der 2. Bundesliga im Vorjahr kam aus Bochum und soll für die nötigen Treffer sorgen. Ihm zur Seite stehen soll nach der Genesung der lange verletzte Daniel Ginczek – ein Vabanque-Spiel, da niemand einschätzen kann, wie stabil das operierte Knie wirklich ist. Der VfB hat eine Basis geschaffen. Die Grundlage des Kaders kann sich sehen lassen. Sicher ist aber auch, dass keineswegs alles im Lot ist. Mindestens fünf Neuzugänge, hauptsächlich für die Offensive, werden noch gebraucht. Ansonsten kann der Traum vom Wiederaufstieg sehr schnell zu einem Alptraum werden. Und davon – das steht fest – hatten sie in der Mercedes-Stadt in den letzten Wochen wirklich genug.