Darmstadt 98 steigt auf: „Jetzt kimmt sogar de Gadjola“

So langsam läuft das Leben in Darmstadt wieder in geordneten Bahnen, zumindest oberflächlich. Heute müssen auch alle Fans der „Lilien“ wieder arbeiten – es sei denn, sie sind spontan mit der Mannschaft nach Mallorca geflogen. Jener Mannschaft, die den Verein mit dem 1:0-Sieg gegen St. Pauli nach 33 Jahren wieder in die Bundesliga zurückgebracht hat. Trotz des kleinsten Etats, trotz der veralteten Infrastruktur, trotz aller negativen Prognosen. Was das alles konkret für den Verein und das Umfeld bedeutet, ist noch nicht abzusehen, aktuell aber auch noch nicht wichtig.

Darmstadt spielt verrückt

Jetzt zählt für die meisten nur der Moment, und der wurde seit dem Abpfiff am Sonntag vollends ausgekostet: Ganz Darmstadt versank in einem kollektiven Freudentaumel, die Stadt spielte komplett verrückt. Auf den Straßen umarmten sich wildfremde Menschen, Teile des Aufstiegsrasens wurden gestreichelt, bengalische Feuer gezündet und in der Innenstadt wurde auf dem Schlossgrabenfest und dem Herrngarten bis in die Morgenstunden gefeiert. Und das Team mittendrin: Im altehrwürdigen Ratskeller am Marktplatz wurde gesungen und getrunken, einige Spieler schauten auch noch auf der Party der aktiven Fanszene in der angrenzenden „Krone“ vorbei.

Am Montagmittag dann der große Empfang auf einer der Schlossgrabenfest-Bühnen, auf der etwa Kapitän Aytac Sulu unter nicht enden wollendem Jubel einen Gruß an alle anwesenden Journalisten aussprach: „Ihr wolltet von uns so lange das A-Wort hören, habt uns immer wieder darauf angesprochen. Und jetzt sag ich Euch mal was: Aufstieg.“

Behrens: „Das ist der absolute Wahnsinn“

Um 16 Uhr ging dann der Flug nach Mallorca, währenddessen die Fans an diesem Pfingstmontag einfach weiterfeierten. Der SV Darmstadt 98 hat sich vor einem Jahr in der Relegation gegen Bielefeld zurück in das Bewusstsein der deutschen Fußballfans geschossen, jetzt hat er es endgültig in ihre Herzen geschafft. Die „Lilien“ stellen das Gegenteil des sogenannten modernen Fußballs dar, sie stehen für ehrliche Arbeit und Authentizität. „Das ist der absolute Wahnsinn“, fasste Mittelfeldspieler Hanno Behrens mit Sonnebrille und blau-weißer Irokesenperücke zusammen. Und nun noch einmal kurz zurück zu den Minuten nach dem Abpfiff: Die Fans stürmen den Rasen, überbordernder Jubel überall, doch einige bleiben auf ihren Plätzen auf der Tribüne zurück. So auch ein älterer Herr mit ausgeblichener Lilien-Mütze, die sicherlich bereits die letzte Bundesliga-Saison miterlebt hat. Kopfschüttelnd steht er vor seinem Sitz und murmelt im breitesten Darmstädter Dialekt: „Jetzt kimmt sogar der Gadjola mit de Bayern zu de Lilie.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.

FOTO: Hübner

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