Kohfeldts Name polarisiert: Chancen und Risiken beim SVD-Start
Der neue Cheftrainer vom SV Darmstadt 98 heißt Florian Kohfeldt. Ein Name, der in den hiesigen Kommentarspalten des Internets für Aufregung gesorgt hat. Nun stellte sich der 41-Jährige erst einmal am Böllenfalltor persönlich vor.
"Es ist legitim, dass es Fragezeichen gibt"
Florian Kohfeldt stieg einst vom Nachwuchscoach zum Cheftrainer vom SV Werder Bremen auf. Eine Rolle, mit der sich der Fußballlehrer und der Verein bestens identifizierten. Fünf Jahre ist es her, da war der gebürtige Siegener ein ernsthafter Kandidat auf die Nachfolge von Lucien Favre als Trainer von Borussia Dortmund, bevor es dann Edin Terzic wurde. Nun heuert der 41-Jährige beim SV Darmstadt 98 an - und damit erstmals in der 2. Bundesliga. "Es ist legitim, dass es Fragezeichen gibt, warum meine beiden vergangenen Stationen eher kurz waren. Ich habe mir aber abgewöhnt, alles zu erklären, weil es leider oftmals nicht durchdringt", erklärte Kohfeldt direkt zum Einstieg, denn Stationen in Wolfsburg (1,14 Punkte pro Partie/28 Spiele) und Eupen (0,77/31 Spiele) waren bekanntlich nicht von Erfolg gekrönt. Ein Faktor, der viele SVD-Fans an der Verpflichtung des Trainers zweifeln ließ. Zumindest im Online-Bereich.
"Ich bin seit gestern hier in Darmstadt, hatte direkt einen intensiven Tag und habe gespürt, dass ich hier in einem sehr familiären, harmonischen aber gleichzeitig sehr professionellen Verein bin", erzählte Kohfeldt beim Einstieg aber auch, dass er sehr positiv im Umfeld der Lilien aufgenommen wurde. Und das möchte der 41-Jährige auch zurückgeben: "Ich weiß aus persönlicher Erfahrung, wie es ist, einen Verein zu trainieren, der einer Stadt und einer Region enorm viel bedeutet. Ich habe mich danach gesehnt, so etwas wieder zu spüren." Mit ihm wird Mathias Heck ans Böllenfalltor wechseln, um Ovid Hajou als Co-Trainer zu ersetzen. Der bisherige Assistent von Torsten Lieberknecht wurde ebenfalls freigestellt, Darius Scholtysik wird hingegen an Kohfeldts Seite bleiben.
"Florian hat mich wirklich beeindruckt"
Erste Gespräche mit dem Trainerteam und der Mannschaft habe Kohfeldt bereits geführt. Weitere werden in den nächsten Tagen folgen. "Ich hatte nicht das Gefühl, dass Verzweiflung herrscht. Ich habe viel Energie gespürt. Alle wollen. Alle haben Lust auf Siege", war der erste Eindruck des neuen Cheftrainers. Die Vorarbeit von Torsten Lieberknecht wolle er als Basis nutzen, um seine Idee vom Fußball am Böllenfalltor nun schnellstmöglich zu implementieren. Auch die Emotionalität des Standorts wolle Kohfeldt dafür berücksichtigen. "Zusammengefasst ist meine Idee zielgerichteter, dominanter Ballbesitzfußball. Immer auf der Suche nach Tempoaktionen. Und mit dem Ziel, den Ball so schnell wie möglich wiederzubekommen", so der 41-Jährige. "Ich hoffe schon, dass wir am Samstag in Grundzügen sehen, wofür diese Mannschaft stehen soll."
Mit dieser Idee überzeugte er zunächst Sportchef Paul Fernie, dann die gesamte Führungsetage des Vereins. Vom ersten Telefonat bis zum ersten Treffen am vorherigen Dienstag vergingen lediglich zwei Tage. Knapp vier Stunden habe es gedauert, erklärte Fernie. "Es war inhaltlich ein Top-Gespräch, wir waren schnell auf einer Wellenlänge. Florian hat mich wirklich beeindruckt", bekräftigte der Sportdirektor. "Ich wusste vorher, dass Flo und seine Spielidee zu uns passen könnten. Aber vor den Gesprächen wusste ich nicht genau, wie er seine Ideen umsetzen möchte. Und wie der Mensch tickt. Mir wurde aber schnell deutlich, dass Florian sehr strukturiert ist und viel Klarheit besitzt."
"Lasst uns das Zurückblicken beenden"
Gefallen habe Fernie auch, wie detailliert Kohfeldt seine Ideen präsentiert habe - von den Trainingsinhalten bis zur Gestaltung des Halbzeitpause, wie der Sportdirektor berichtete. "Auch seine Einschätzung zu unserem Kader war überragend. Wir sind überzeugt, dass Florian genau der Trainer ist, den wir in diesem Moment brauchen", kam Fernie schließlich zu dem Entschluss, dass Kohfeldt der geeignete Kandidat für die Lieberknecht-Nachfolge sei - was bei großen Teilen der Fans, die in Lieberknecht eine echte Identifikationsfigur sahen, nicht auf Gegenliebe stieß. Nicht zuletzt wegen der Art und Weise des Scheiterns von Kohfeldt bei vorherigen Stationen.
"Alle Erfahrungen, die ich auf meinem bisherigen Weg gesammelt habe, werden mir helfen, dass ich jetzt ein besserer Trainer bin als vor einigen Jahren. Aber ab jetzt ist egal, was gestern oder vor fünf Jahren war. Ab jetzt zählt, was wir ab Samstag mit der Mannschaft auf den Platz bringen", beteuerte Kohfeldt daher auch, dass Darmstadt in seiner Laufbahn kein Abstieg sei. Und auch Präsident Rüdiger Fritsch bat um eine faire Chance für den neuen Cheftrainer: "Lasst uns das Zurückblicken beenden. Das tut dem Verein nicht gut. Wir sollten viel eher nach vorne schauen, ein neues Kapitel aufschlagen und die Tugenden von Darmstadt 98 leben." Bestenfalls schon am Samstag (13 Uhr), wenn das Kellerduell gegen Eintracht Braunschweig ansteht.